Lexikon
Das Neunauge
Neunaugen sind Wanderfische und genau wie Lachse und Aale darauf angewiesen, dass unsere Flüsse für sie zugänglich sind. Doch immer noch versperren Wehre in vielen Flüssen den wandernden Fischen den Weg. Doch das soll sich ändern.
Was ist am Neunauge so besonders?
Seinen merkwürdigen Namen hat das Neunauge den sieben Kiemenöffnungen zu verdanken, die es an den Seiten trägt. Neunaugen werden in den Oberläufen der Flüsse geboren. Die Larve, die aus dem Ei schlüpft, nennt man "Querder". Drei bis vier Jahre lang lebt das Neunauge als Larve im schlammigen Boden der Flüsse und Bäche. Nur der Kopf der Larve schaut hervor und filtert Kleinlebewesen und Pflanzenteile aus dem Wasser. Davon ernährt sich das Neunaugen-Kind bis zu seiner Verwandlung zum Erwachsenen. Bei uns gibt es drei verschiedene Neunaugen-Arten: Das Bach-Neunauge, das Fluss-Neunauge und das Meer-Neunauge.
Wenn Fluss- und Meer-Neunauge erwachsen geworden sind, wandern sie mit der Strömung flussabwärts bis zum Meer. Das erwachsene Neunauge sieht aus wie ein Aal - lang und dünn und ohne Schuppen. Die Meer-Neunaugen schwimmen weiter in tieferes Wasser, während Fluss-Neunaugen im Mündungsbereich der Flüsse bleiben. Wenn sie geschlechtsreif geworden sind, schwimmen sie zum Laichen wieder zurück in die Flüsse.
Wenn man es streng betrachtet, sind Neunaugen noch nicht mal Fische: Biologen zählen sie zu den wirbellosen "Rundmäulern". Es gibt sie schon seit 500 Millionen Jahren - das war noch vor den ersten Dinosauriern!
Schwimmender Vampir: So leben erwachsene Neunaugen
Erwachsene Neunaugen sind Parasiten: Seit Millionen von Jahren ernähren sie sich vom Blut, Haut und Muskelfleisch der Meeresfische. Sie saugen sich an ihnen fest und raspeln mit ihren spitzen Zähnen die Haut ab. Wenn sie satt sind, fallen sie von ihrem Wirtsfisch ab. Erst wenn die Neunaugen geschlechtsreif sind, bleiben die Fische von ihnen verschont, denn dann fressen die kleinen Blutsauger nichts mehr und wandern flussaufwärts. Nach der Eiablage sterben sie.
Was wandernden Fischarten das Leben schwermacht
Als wandernde Art ist das Neunauge ganz besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Wenn es zur Laichzeit flussaufwärts wandert, dann machen ihm Stauwehre, Dämme und Begradigungen das Leben schwer. Aus vielen Gewässern ist das Neunauge schon verschwunden, weil bei den Baumaßnahmen Schlupflöcher für die Fische vergessen wurden. Solche Gedankenlosigkeit gefährdet viele wandernde Arten, zum Beispiel auch den Lachs, die Meerforelle und den Aal.
Wissenschaftler, Fischereiverbände und Naturschützer setzten sich deshalb dafür ein, dass Stauwehre sogenannte Fischtreppen bekommen, über die die Fische wandern können. Und sie machen Vorschläge, wie man den Bau von Deichen durch natürlichen Hochwasserschutz vermeiden kann oder wie Begradigungen rückgängig gemacht werden können. Mit Erfolg: Deutschlands Flüsse sollen wieder natürlicher werden. Das will die Bundesregierung und hat deshalb das Bundesprogramm "Blaues Band" beschlossen. Flüsse, die früher als Wasserstraßen für Frachtschiffe genutzt wurden, sollen wieder einen natürlichen Verlauf und abwechslungsreiche Ufer erhalten. Insgesamt geht es um 2800 Flusskilometer. So sollen sich die gefährdeten wandernden Fische in Zukunft auch bei uns wieder vermehren können.
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