Lexikon
Pottwale
Tief unten im Ozean tobt ein Kampf der Giganten. Ein Pottwal hat sich in einen Riesenkalmar verbissen. Der Wal ist 18 Meter lang und wiegt 57 Tonnen. Seine 25 Zentimeter langen Zähne lassen den Kalmar nicht los. Doch der wehrt sich: Saugnäpfe hinterlassen tiefe Narben auf der Haut des Wals. Denn der Kalmar ist selbst ein Riese: Auf einer Länge von zehn Metern schlängeln sich seine Fangarme um den Körper des Angreifers.
Kämpfe zwischen Pottwalen und Riesenkalmaren in der Tiefsee - die gibt es wirklich. Schon vor 200 Jahren haben Walfänger im Magen von Pottwalen riesige Tentakeln gefunden. Manche Wale hatten kreisrunde Narben auf der Haut, die von den Saugnäpfen der Kalmare stammten. Heute sind Pottwale streng geschützt und dürfen nicht mehr gejagt werden. Trotzdem wissen wir recht viel über sie. Seit sich die Methoden der Meeresbiologen zur Erforschung großer Tiefen verbessert haben, gehören Pottwale zu den gut erforschten Walarten - und trotzdem sind sie geheimnisvoll und faszinierend geblieben.
Pottwale können 3200 Meter tief tauchen und dabei 138 Minuten - das sind zwei Stunden und 18 Minuten - die Luft anhalten. Dabei sind sie mit einer Geschwindigkeit von 600 Metern pro Minute unterwegs. So können Pottwale Jagdgründe erreichen, in die kein anderes großes Raubtier vordringen kann.
Körperbau
Typisch für den Pottwal ist sein riesiger, kastenförmiger Kopf mit dem schmalen Unterkiefer. Der Unterkiefer ist auf jeder Seite mit 20 bis 26 Zähnen besetzt, die beim Schließen des Mauls in Vertiefungen des Oberkiefers passen. Bei einem großen Bullen können die Zähne bis zu 25 Zentimeter lang und bis zu einem Kilo schwer werden.
Im großen Kopf der Pottwale befindet sich die so genannte "Melone". Sie dient dem Wal bei der Echoortung dazu, den Schall zu bündeln und auf ein Ziel auszurichten. Sie scheint auch für den Auftrieb der Tiere beim Tauchen eine Rolle zu spielen.
Der Pottwal hat eine ziemlich kleine dreieckige Rückenfinne, aber eine große, fünf bis sechs Meter breite Fluke, die beim Abtauchen nahezu senkrecht aus dem Wasser gehoben wird. Der Blas aus dem einzigen Nasenloch ist nach links vorn gerichtet und kräftig. Die Haut des Pottwals sieht schrumpelig wie eine Backpflaume aus.
Weltenbummler mit Familiensinn
Pottwale sind Familientiere. Sie leben in Gruppen zusammen, zu denen Kühe, Kälber und wenige weibliche und männliche Jungtiere gehören. Die halbstarken Männchen schließen sich zu Junggesellengruppen zusammen. Erwachsene Bullen sind Einzelgänger.
In den Familien hilft man sich gegenseitig. Wenn zum Beispiel ein Tier krank oder verletzt ist, dann schützen es die anderen, indem sie es einkreisen. Die starke Fluke zeigt dabei nach außen, so dass die Wale Angreifer in die Flucht schlagen können. "Margeriten-Formation" nennen Wissenschaftler dieses Verhalten, weil die Wale das verletzte Tier wie Blütenblätter umgeben.
Wanderungen
Pottwale sind Weltenbummler und kommen in allen Ozeanen auf der ganzen Welt vor. Auf ihren Wanderungen können die Bullen mehrere Tausend Kilometer zurücklegen und pendeln zwischen dem Äquator und dem Nord- oder Südpol hin und her - je nachdem, wo es am meisten zu Fressen gibt. Kühe und Kälber zieht es nicht ganz so weit. Sie bleiben lieber in wärmeren Meeren.
Pottwale in der Nordsee?
Ganz selten werden Pottwale auch in der dänischen oder deutschen Nordsee gesichtet. Hier ist es für sie aber eigentlich viel zu flach, so dass sie nicht genügend Futter finden. Wissenschaftler glauben, dass sich die Tiere einfach verirrt haben: Auf dem Weg von Norwegen nach Süden haben sie wahrscheinlich die Abzweigung nordwestlich der Shetlandinseln verpasst. Meistens schaffen es die Tiere dann aber noch, rechtzeitig umzukehren oder durch den Ärmelkanal wieder in den tieferen Atlantik zu gelangen.