Lexikon
Interview mit Tierfotograf Axel Gomille
Axel Gomille ist Biologe, Tierfotograf und Filmemacher. Er war schon in vielen Ländern unterwegs, um Wildtiere zu fotografieren. Eines seiner schönsten Erlebnisse hatte er aber nicht mit den Tigern in Indien oder den Leoparden und Löwen in Afrika, sondern mitten in Deutschland - mit einem Rudel Wölfe. Jetzt hat er ein Buch über diese Tiere geschrieben. Konstantin hat ihn für euch ausgefragt!
Konstantin:Was war das denn für ein Erlebnis? Erzähl doch mal!
Axel Gomille: Ich hatte mich gut versteckt und wartete darauf, dass die Wölfe aus dem Wald kommen würden. Inzwischen war es Abend geworden und es wurde schon dunkel. Da fing auf einmal ein Wolf direkt vor mir an zu heulen. Ein zweiter hinter mir antwortete. Und dann hörte ich rund um mich rum mehrere Wölfe heulen. Ich saß mitten drin im Wolfsrudel!
Konstantin: Uuuh, hört sich unheimlich an. Hattest du denn keine Angst?
Axel Gomille: Nein, gar nicht.
Konstantin: Wieso denn nicht?
Axel Gomille: Weil die Wölfe sich gar nicht für mich interessiert haben. Viele Fotos für das Buch sind ja in großen, einsamen Gebieten entstanden, wo kaum Menschen sind. Wenn die Wölfe gewollt hätten, hätten sie mich angreifen können. Aber sie wollten gar nicht - ich war einfach Luft für sie.
Konstantin: Du warst ja auch gut getarnt.
Axel Gomille: Ja, das stimmt, aber nicht die ganze Zeit. Während meiner Suche nach den Wölfen und ihren Spuren bin ich ja immer wieder ganz alleine in ihrem Revier herumgelaufen. Da haben mich die Tiere wahrscheinlich längst bemerkt - sie haben ja viel bessere Sinne als wir. Jedenfalls habe ich oft wochenlang keinen einzigen Wolf gesehen.
Konstantin: Warum haben die Menschen dann Angst vor Wölfen?
Axel Gomille: Das sind meist die Erwachsenen. Die kennen den Wolf nur aus alten Geschichten, in denen er wie ein Monster dargestellt wird. Deshalb haben sie eine uralte Angst vor Wölfen. Kinder sind da cooler. Sie sind neugierig und die meisten finden Wölfe super, weil sie ohne diese Vorurteile aufgewachsen sind.
Konstantin: Ich würde auch gerne mal einen Wolf sehen. Kann ich mal mitkommen zu einem Wolfsrudel?
Axel Gomille: Es ist leider gar nicht so einfach, Wölfe zu finden, denn jedes Rudel hat ein riesiges Revier, in dem die Tiere umher streifen. Manchmal habe ich sie nur ganz knapp verpasst: Einmal hat eine Wildkamera mitten am Tag einen vorbeilaufenden Wolf aufgenommen. Nur eine Stunde später machte sie an derselben Stelle ein Foto von mir, ohne dass ich das Tier je zu Gesicht bekam.
Konstantin:Aber am Ende hast du sie ja doch gefunden. Wie hast du das denn gemacht?
Axel Gomille: Zu Beginn haben mir die Biologinnen, die die Tiere erforschen, Stellen gezeigt, an denen sich die Wölfe öfter aufhalten. Man muss die Spuren im Sand lesen und nach Wolfshaufen oder Resten von gerissener Beute Ausschau halten. Hat man endlich einen Platz gefunden, den die Wölfe regelmäßig nutzen, heißt das nicht, dass die Wölfe auch wirklich kommen. Jetzt ist geduldiges Warten gefragt. Außerdem muss der Wind aus der richtigen Richtung kommen, damit die Wölfe einen nicht bemerken. Man muss also ganz oft wiederkommen und Glück haben, um Wölfe zu treffen.
Konstantin:Da hast du aber ganz schön viel Glück gehabt!
Konstantin: Das Titelfoto deines Buches zeigt einen Wolf aus nächster Nähe. Stand der wirklich so nah vor dir?
Axel Gomille: Der ist mir wirklich ganz nah gekommen. Ich hatte meinen Tarnanzug an und mich hinter einem Gebüsch versteckt. Da kam der Wolf auf mich zu und hat mir direkt ins Gesicht geschaut. Ich habe mich kaum getraut, den Auslöser meiner Kamera zu drücken, aus Angst, den Wolf mit dem "Klick" zu vertreiben. Ich glaube aber, dass er mich nicht als Menschen erkannt hat, denn er blieb ganz gelassen.
Konstantin: Wie lange hast du denn gebraucht, um genug Fotos für dein Buch zusammen zu haben?
Axel Gomille: Die meisten Fotos sind im Laufe von fünf Jahren entstanden. Oft habe ich die Wölfe vergeblich gesucht oder sie waren zu weit weg für ein gutes Foto oder sind erst in den Abendstunden herausgekommen, wenn es schon zu dunkel zum Fotografieren war. Das ging manchmal wochenlang so.
Konstantin:Oh je, so viel Geduld hätte ich nicht!
Axel Gomille: Spannend war es trotzdem. In den militärischen Sperrgebieten, in denen ich oft unterwegs war, leben auch viele andere seltene Arten, die ich beobachten konnte. Aber ich finde, die Wölfe sind einfach die tollsten Tiere hier bei uns!
Konstantin:Das finde ich auch!