Lexikon
Waschbären
Niedlich, aber nicht nett: Die putzigen Waschbären sind für die Artenvielfalt zum Problem geworden. Die Kleinbären wurden vor 100 Jahren aus Amerika nach Europa gebracht. Weil sie genügsam sind und sich gut anpassen können, haben sie sich hier erfolgreich vermehrt. Heute gehört der Waschbär bei uns zu den häufigsten Raubtieren.
Wie sind die Waschbären nach Europa gelangt?
Rund 1,5 Millionen Waschbären soll es heute in Deutschland geben. Ursprünglich waren sie in Nordamerika verbreitet. Vor 100 Jahren kamen sie mit Pelzhändlern nach Europa, denn die Tiere sollten wegen ihres schönen Pelzes auch hier gezüchtet werden. Jedoch dauerte es nicht lange, bis die ersten Exemplare aus den Zuchtfarmen ausgebüxt waren. Zusätzlich wurden einige absichtlich von Jägern ausgesetzt. Die anpassungsfähigen Kleinbären bekamen Nachwuchs und vermehrten sich.
Wie leben die Waschbären eigentlich?
Waschbären gehören zu den Kleinbären. Sie sind nachtaktiv und leben gern in Wäldern in der Nähe von Gewässern. Als Kulturfolger haben sie aber auch mit uns Menschen keine Probleme. Sogar in Mülltonnen und auf Dachböden suchen sie nachts nach Fressbarem.
Gesellige Tiere
Im Frühjahr bekommt Familie Waschbär Nachwuchs. Die Erziehung der Welpen ist bei Waschbären Sache der Weibchen. Fünf Wochen bleiben die Kleinen im Nest. Wenn sie die Kinderstube verlassen haben, schauen sie sich von ihrer Mutter ab, wie man Nahrung findet. Nach vier Monaten suchen sich die jungen Männchen - die Rüden - ein eigenes Revier. Waschbären sind gesellige Tiere. Die Weibchen und Jungtiere leben zusammen in einem Verband. Selbst wenn die Rüden schon ein eigenes Revier besetzen, gehen sie häufig zu Zweit auf Streifzug.
Was wäscht der Waschbär?
Waschbären fressen, was ihnen zwischen die Finger kommt - buchstäblich. Denn weil sie nicht besonders gut sehen können, betasten sie ihre Nahrung von allen Seiten. Dazu drehen sie sie zwischen ihren geschickten Fingern und beschnuppern den Fund. Diese Eigenheit hat den Tieren ihren Namen verschafft: Es sieht so aus, als würden sie ihr Futter waschen.
Der Waschbär und die Artenvielfalt
Eigentlich hat der Waschbär alles richtig gemacht: Nachdem er einmal hier war, hat er sich erfolgreich an seine neue Heimat angepasst. Beim Futter und bei der Auswahl seines Unterschlupfes ist der Waschbär nicht wählerisch. So konnte er sich rasch ausbreiten. Heute gehört er in Deutschland zu den häufigsten Raubtieren. Doch das ist eine Gefahr für eine Vielzahl anderer Wirbeltiere. Darunter sind auch seltene Arten wie Eidechsen und die europäische Sumpfschildkröte. Sogar die Nistplätze von Uhus und anderen großen Greifvögeln sind vor den Waschbären nicht sicher. Unerschrocken raubt der Kleinbär Eier und Jungvögel.
Waschbären werden deshalb als "invasive Art" bezeichnet. Das Wort "invasiv" kommt von "Invasion" und bedeutet so viel wie "Eroberung". Doch das Wort ist irreführend. Denn invasive Tierarten verlassen ihren angestammten Lebensraum meist nicht freiwillig, sondern werden vom Menschen absichtlich oder unabsichtlich eingeschleppt. Weil sie sich in ihrem neuen Lebensraum besonders gut anpassen können, gefährden invasive Arten die Artenvielfalt.