Lexikon
Tierwohnungen
Von tierischen Architekten und tollkühnen Baumeistern
Die Star-Architekten in der Tierwelt brauchen Jahre, um ihre Häuser zu vollenden. Manche Gebäude werden niemals fertig. Die etwas zielstrebigeren Baumeister erschaffen innerhalb von Tagen kunstvolle Behausungen, in denen sie nur wenige Wochen bleiben. Und dann gibt es noch die, die ganz auf das Bauen verzichten und lieber zur Untermiete wohnen.
Tierwohnungen: Eigenheim oder Mietwohnung?
Tierwohnungen sind so unterschiedlich wie ihre Erbauer: Die kleinen Kolibris bauen winzige Nester aus Moos und Spinnenseide, manche Webervögel konstruieren riesige Gemeinschaftsunterkünfte, die jahrzehntelang bewohnt werden. Dachse bauen über viele Generationen an ihrem unterirdischen Bau, während Füchse nichts dagegen haben, in den unbewohnten Zimmern der Dachsfamilie unterzukriechen. Spechte klopfen sich ihre eigenen Höhlen und haben dafür sogar ein zusätliches Gelenk zwischen Schnabel und Kopf - damit sie beim Häuslebau keine Kopfschmerzen bekommen. Und Termiten bauen so hohe Häuser, dass eine menschliche Behausung im gleichen Verhältnis zu unserer Körpergröße fast 5000 Meter hoch sein müsste.
Wozu bauen Tiere Häuser?
Viele Tiere bauen Häuser, weil sie einen sicheren Platz brauchen, um sich vor ihren Feinden zu verkriechen. Kaninchen und Mäuse zum Beispiel haben so viele Fressfeinde, dass sie mehr Zeit in ihren unterirdischen Gängen verbringen als über der Erde. Solche Bauten sind meistens stark verzweigt und haben viele verschiedene Ausgänge, damit ihre Bewohner bei Gefahr schnell unter der Erde verschwinden können. Auch Murmeltiere und Hamster bauen große unterirdische Wohnungen mit mehreren Kammern. Dort bringen sie ihre Jungen zur Welt, lagern ihre Vorräte und kuscheln sich im Winter dort zusammen.
Vogelnest: Wohnung auf Zeit
Andere Tiere brauchen ihren Unterschlupf nur wenige Wochen im Jahr - als Kinderstube für ihren Nachwuchs. Dazu gehören zum Beispiel alle heimischen nestbauenden Vögel. Manche geben sich besonders viel Mühe mit ihren Nestern. Das Wintergoldhähnchen zum Beispiel verbaut nicht nur Moos und Daunen, sondern sogar Tierhaare, Spinnenfäden und Raupenkokons. Dadurch ist das Nest so gemütlich und warm, dass die Mutter sogar während der Brutphase auf Nahrungssuche gehen kann. Dank der genialen Konstruktion betreuen Wintergoldhähnchen sogar manchmal zwei Bruten gleichzeitig - in zwei verschiedenen Nestern.
Biber: Architekt und Landschaftsgärtner
Biber bauen Burgen. Sie häufen Äste, Zweige und Schlamm am Ufer eines Gewässers auf. Im Inneren des zerrupften Haufens liegt eine große Kammer, in der die Biberfamilie wohnt. Erreichen kann man den Innenraum nur über einen Eingang unter Wasser. So können Feinde nicht so leicht eindringen. Damit der Eingang immer schön unter der Wasseroberfläche bleibt, baut der Biber Dämme, die das Gewässer aufstauen. So entsteht rund um die Biberburg ein See. Der ist auch sehr praktisch, wenn der Biber neues Baumaterial braucht: Das muss er dann nämlich nicht mühsam über Land schleppen, sondern kann es ganz bequem zu seiner Behausung schwimmen lassen.
Termitenbau, Ameisenhügel und Wespennest: Die Wohnungen der Insekten
Die Stars unter den tierischen Häuslebauern sind die Insekten - und die Termite ist der Superstar. Termiten kommen in tropischen und subtropischen Ländern vor und erinnern ein wenig an große weiße Ameisen. Verwandt sind die beiden aber nicht.
Termitenbauten können acht Meter hoch sein und bestehen aus Erde, die die Tiere mit Speichel vermischen und zu einem Brei machen. In der Sonne getrocknet, werden die Bauten steinhart. Manche Arten bauen runde Hügel mit hohen Spitzen. Die Spitzen wirken wie ein Kamin, durch den die warme, verbrauchte Luft aus dem Termitennest abziehen kann. In Australien gibt es eine Termitenart, deren Nester wie lange schmale Mauern aussehen. Die Schmalseite ist exakt in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, so dass die Sonne die Wände des Baus nur morgens und abends bescheinen kann. In der Mittagshitze jedoch bleibt es in den Nestern schön kühl. Termiten gibt es in den tropischen und subtropischen Regionen der Erde.
Ameisenhügel
Auch die Rote Waldameise baut unübersehbare Nester. Es sind große Hügel aus Tannen- oder Fichtennadeln, die meistens an einen Baumstamm angelehnt sind. Der größte Teil des Nestes liegt allerdings unter der Erde, denn dort setzt sich der Bau in Gängen und Kammern fort. Mehr als eine Million Ameisen können in so einem Nest leben. Alle haben unterschiedliche Aufgaben, die sie ihr Leben lang behalten: Einige bewachen das Nest, andere kümmern sich um die Brut, wieder andere gehen auf Nahrungssuche. Das Nest bildet den Mittelpunkt zahlreicher Ameisenstraßen, auf denen die Nahrungsbeschaffer unterwegs sind.
Wespennest
Ein Wespennest beginnt im Frühjahr mit einigen wenigen Waben - gebaut von der Königin. Dort hinein legt sie die ersten Eier. Sie sind der Grundstock ihres neuen Volkes. Kaum sind die jungen Arbeiterinnen geschlüpft, müssen sie beim Bau helfen. Wespen bauen ihr Nest aus Holz, das sie mit Speichel zu Brei zerkauen. Wenn der Brei trocknet, wird er fest und sieht aus wie Papier. Schicht um Schicht entstehen neue wabenförmige Kammern. Außen ist das Nest von mehreren Schichten "Papier" umhüllt, die die Waben vor Regen und Wind schützen. Unten hat das Nest eine Öffnung, durch die die Arbeiterinnen ausfliegen können.
Behausung auf Zeit
Obwohl es so aufwändig gebaut wird, ist ein Wespennest nur eine Behausung auf Zeit. Im Herbst nämlich, wenn es kalt wird, stirbt das Wespenvolk. Übrig bleiben nur die jungen Königinnen, die an einem geschützten Platz überwintern. Im nächsten Frühjahr gründet jede von ihnen ein neues Volk - und beginnt mit dem Bau eines neuen Nestes.