Lexikon
Blinde Passagiere
Giftige Spinne in der Bananenkiste oder tropischer Frosch in der Ananas-Lieferung - manchmal können blinde Passagiere aus fernen Ländern ganz schön für Schlagzeilen sorgen. Sind das alles Märchen oder gibt es die ungebetenen Gäste wirklich? Die Naturdetektive fühlen den tierischen Trittbrettfahrern auf den Zahn.
Spinnen in Bananenkisten und ein Frosch in der Ananas
Als eine Frau in Kaarst in Nordrhein-Westfalen ihre eben erst gekauften Bananen auspackte, krabbelte ihr eine Spinne entgegen. Trotz des Schreckens fing die Frau die Spinne mit einem Glas ein und rief die Feuerwehr. Die kam und nahm das Krabbeltier mit. Kurze Zeit später stellte sich heraus: Es war eine Riesenkrabbenspinne aus Kolumbien - und ungiftig.
Glück gehabt - es gibt nämlich auch ganz andere blinde Passagiere. Die giftige Bananenspinne zum Beispiel. Auch sie ist schon in Bananenkisten in deutschen Supermärkten aufgetaucht. Das kann gefährlich werden, denn der Biss der Bananespinne ist sogar für Erwachsene manchmal tödlich. Supermärkte sind schon tagelang geschlossen worden, weil die Spinne aus den Bananen gekrabbelt und dann verschwunden war.
In Düsseldorf fanden Mitarbeiterinnen eines Biomarktes einen kleinen grünen Frosch in einer Lieferung Ananas aus Costa Rica. Der blinde Passagier lebt inzwischen in einem Terrarium und hört auf den Namen "Günther".
Wie gelangen die blinden Passagiere nach Deutschland?
Wenn in Kolumbien oder anderswo in den Tropen Obst verpackt wird, dann kann es passieren, dass ein tierischer Passagier unbemerkt mit in die Kiste gerät. Das passiert auch bei uns - sicher hast du schon mal eine Schnecke im gekauften Salat entdeckt.
Normalerweise überleben die Tiere die Reise nach Europa nicht, weil die Früchte zwei Wochen lang im Kühlschiff unterwegs sind. Außerdem sind die meisten Bananen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt - so ein Giftcocktail ist für die Tiere tödlich. Manche blinde Passagiere schaffen es aber trotzdem, denn die Kälte legt bei Spinnen und Insekten die Körperfunktionen lahm. Herzschlag und Atmung werden extrem langsam, so dass ihnen manchmal auch das Gift auf den Bananen nichts anhaben kann.
Wer den Transport überlebt, ist aber immer noch nicht in Sicherheit, denn Bananen kommen nach der Ankunft in die Reiferei. Das sind große Hallen, wo die Bananen eine Woche lang bei kühlen Temperaturen reifen können. Erst dann kommen sie in den Supermarkt und werden endlich ausgepackt. Die Tierchen werden wieder munter - und suchen das Weite.
Können tropische Tiere bei uns überleben?
Tropische Spinnen oder Frösche aus dem Regenwald können bei uns nicht überleben. Dafür ist es einfach nicht warm genug. So muss niemand Angst haben, dass die giftigen Bananenspinnen eines Tages auch bei uns herumkrabbeln.
Es gibt aber andere Tiere und Pflanzen, die auf ähnlichem Wege zu uns gelangen und sich hier pudelwohl fühlen und sogar fortpflanzen - zum Beispiel weil sie aus ähnlichen Klimazonen kommen. Solche Tier- und Pflanzenarten nennt man "Neobiota". Waschbären aus Kanada zum Beispiel, Kamberkrebse aus den USA oder das Indische Springkraut vom Himalaja haben sich hier in Europa gut eingelebt.
Doch das ist nicht unproblematisch, denn hier fehlen Feinde und Nahrungskonkurrenten. Die Neubürger vermehren sich deshalb stark und verdrängen heimische Arten. So bedrohen Waschbären die europäische Sumpfschildkröte, weil sie ihre Gelege fressen. Der Kamberkrebs überträgt eine Krankheit, der heimische Flusskrebse zum Opfer fallen und das Indische Springkraut überwuchert inzwischen massenhaft heimische Gewässerufer.