Lexikon
Aquarien- und Terrarientiere
Das erste Aquarium oder Terrarium
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(von Helmut Uhlisch)
Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Aquarium. Das bekam ich von meinen Eltern zu meinem 11. Geburtstag geschenkt. Alles daran war fabrikneu und nicht etwa schon gebraucht. Für uns Kinder war das damals keine Selbstverständlichkeit. Sogar eine elektrische Reglerheizung und einen Innenfilter hatte das 60 cm lange Becken. Auch Fische waren dabei, je 5 rote Platys und Guppys schwammen provisorisch untergebracht nebendran in einer runden Kristallbowle, die ich im Übrigen als Andenken bis heute aufbewahrt habe.
Ich glaube, es hat kein anderes Geschenk je wieder solch eine Wirkung bei mir entfaltet. Und keines hat meinen Lebensweg derart bestimmt. Bis heute habe ich Aquarien und pflege Zierfische. Es gab Zeiten, da züchtete ich sogar welche. Ich war von da an Aquarianer mit Leib und Seele. Mein karges Schülertaschengeld investierte ich in Bücher, Gerätschaften, Futter und Tiere. Sogar die Berufswahl ist entsprechend ausgefallen. Heute arbeite ich ehrenamtlich und beruflich im - und für den Naturschutz.
Und über die mitunter schwierigen Zuchtvoraussetzungen einiger Fischarten begann ich mich für ihre artgerechte Haltung zu interessieren. Also welche Ausstattungsmerkmale müssen vorhanden sein, dass eine bestimmte Tierart sich im künstlichen Lebensraum eines Aquariums wohlfühlen kann, gesund bleibt und sogar Nachkommen produziert, die ihrerseits auch erfolgreich aufwachsen: Keine leichte Aufgabe für einen Jugendlichen. Oder?
Man kann nur schätzen was man kennenlernt!
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Ich schloss mich im Laufe der Zeit verschiedenen Aquarienvereinen an, die teilweise ständige Aquarien- und Terrarienausstellungen präsentierten. Sogar Insekten, Spinnen, Piranhas, Kraken, Haie, Schlangen und Leistenkrokodile waren darunter. Über die ständigen Pflege- und Fütterungsdienste kam man mit den unterschiedlichsten Tierarten in Berührung, lernte ihre Besonderheiten und Bedürfnisse kennen. Später machte ich meine Wissens- und Sachkundenachweise zur artgerechten Haltung von Aquarien- und Terrarientieren, wie sie heutzutage die Vereine regelmäßig anbieten.
Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass mich der Umgang mit Aquarientieren erst so richtig an die Biologie und den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur herangeführt hat. Ich lernte an meinem eigenen Aquarium, was es für Lebewesen heißt, in einer intakten Umwelt zu leben, was es bedeutet, wenn einer der Parameter (eingestellter Wert) aus dem Ruder läuft, und welch tödliche Auswirkung es haben kann, wenn die Heizung, oder die Zufuhr mit Frischwasser und Sauerstoff plötzlich nicht mehr funktionieren.
Ich begann, mich besonders mit den unterschiedlichen Gewässertypen meiner Heimat zu beschäftigen. Mit der Wasserbeschaffenheit, mit der Wasserchemie, mit der Gewässerausstattung, mit dem Arteninventar und der Gewässerstruktur. Das war für mich das wirklich Spannende an meinen Haustieren: Anders als die Hunde- und Katzenfreunde musste ich als Aquarianer für meine Lieblinge eine komplette Lebewelt neu schaffen und deren reibungslosen Betrieb gewährleisten. Und anders als die typische Erwartungshaltung an Hunde und Katzen, wollte ich meine Schützlinge weder streicheln, noch liebkosen: Sie sollten sich so natürlich verhalten können, wie irgend möglich!
Man lernt nur schützen was man kennt!
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Aus den Tümpeln holten wir das Lebendfutter - Mückenlarven, Cyclops und Daphnien (Wasserflöhe) - für unsere Schützlinge. Und noch so manches andere spannende Forschungsexemplar kam - mal ein Molch, mal ein Frosch, ein paar Kaulquappen oder ein Stichlingspärchen - mit nach Hause in ein separates Beobachtungsbecken. Das waren meine ersten Schritte in einem relativ neuen Wissensgebiet - der Ökologie - also der Lehre vom Naturhaushalt, von dem belebten und unbelebten Inventar, von den stofflichen Strömen und den Wirkgefügen in der Natur.
Natürlich ist mir heute die Natur wenigstens unserer mitteleuropäischen Region gut vertraut. Heutzutage gibt es zu fast allen Fragestellungen reichhaltige Literatur und die tollsten Fotos. Über das Internet kann man sich fast jede Frage schnell beantworten lassen und sich mit Anderen über das gemeinsame Hobby austauschen. Das war damals in meinen Anfängen noch nicht so: Es gab nur wenige Forscher, die sich um die ökologischen Zusammenhänge der natürlichen Lebensräume kümmerten, und insgesamt noch wenig Literatur zu diesem Thema. Auf jeden Fall gab es noch keine Computer! Teilweise lieferten noch Hobby-Aquarianer das nötige Grundlagenwissen für die Forschung, um die kostbaren tierischen Forschungsexemplare überhaupt erst erfolgreich hältern (am Leben erhalten) zu können.
Naturfreund und Tierfreund sein, das geht zusammen, wenn...
Ich verrate euch nun mal meine sechs starken Grundsätze, die man als Tierhalter - gleich welcher Tierart - grundsätzlich befolgen sollte:
- Wenn du für ein Tier die Verantwortung übernommen hast, dann trage sie immer und ohne damit auszusetzen (freilich darf man die Verantwortung auch mal an jemand anderen abgeben). Also überlege es dir schon vorher gut, ob du das tun willst und ob du die nötigen Haltungsvoraussetzungen bieten kannst.
- Bevor du heimische Tiere mit nach Hause nimmst (die du in deiner Umgebung antriffst), erkundige dich möglichst schon vorab, ob die Tiere unter einem besonderen Schutz stehen. Das ist heute ohne weiteres schnell möglich, und über Internetrecherche kurzfristig in Erfahrung zu bringen. Stehen die Tiere unter Naturschutz, so ist eine Entnahme aus der Natur aus Artenschutzgründen nicht gestattet. Du kannst aber versuchen, dieselbe Tierart über den Zoofachhandel zu erwerben.
- Kaufe grundsätzlich keine exotischen Tiere (Vögel, Fische und auch Terrarientiere) von denen du nicht sicher weißt, dass diese in Gefangenschaft geboren sind. Kaufe niemals Wildfänge von Arten, die unter züchterischen Bedingungen noch nicht nachgezüchtet werden können (dazu gehören einige Vogel- und Schlangenarten und fast alle marinen Warmwasser-Zierfische). Solche Arten gehören grundsätzlich in kein Heimaquarium (/Terrarium/Voliere). Denn die ständigen teils massiven Naturentnahmen können vor Ort im Heimatland eine begehrte Art sehr schnell an den Rand der Ausrottung bringen. Eine Herkunftsbescheinigung muss dir der Verkäufer eines Tieres vorweisen können (Zoofachhandel).
- Wenn du bestimmte Tiere pflegen willst, mach dich so gut wie möglich kundig. Artgerechte Tierhaltung gelingt dir nur über genügend Sachkunde. Die bekommst du in Vereinen, von Leuten dort, die sich bereits gut auskennen, oder über die Literatur. Später kommt zum erlernten Wissen noch eine gehörige Portion Intuition und eigene Erfahrung hinzu, um Tiere artgerecht und erfolgreich halten und dann auch züchten zu können.
- Zu einer artgerechten Haltung gehört auch die entsprechende Unterbringung. Hierbei ist auch die Sicherheit der häuslichen Nachbarschaft im Blick zu behalten. Krokodile, Alligatoren, große Leguane oder Warane, Riesenschlangen und gefährliche Giftschlangen haben im Zimmer eines Jugendlichen nichts zu suchen! Sehr große Aquarien bringen schnell mal mehrere Zentner an Gewicht auf einen relativ kleinen Standplatz. Hier muss unbedingt vorher die Statik und die Bausubstanz der Wohnung beachtet und überprüft werden. Das gleiche gilt auch für die besondere Stabilität der Aquarienunterschränke!
- Exotische (d.h. nicht einheimische) Volieren-, Aquarien,- und Terrarientiere dürfen niemals in der freien Natur ausgesetzt werden. Meistens bringt man die Tiere dadurch ziemlich rasch um. Mitunter aber gelingt Ihnen eine kümmerliche Weiterexistenz bis zum nächsten Winter, was aber schon zu Komplikationen mit einheimischen Arten führen kann. Manchmal passiert es aber, dass sich neue Arten erfolgreicher durchsetzen als einheimische, weil sie aus einem fremden ökologischen Milieu stammen und hierzulande z.B. die angepassten Beutegreifer fehlen, die eine Vermehrungsexplosion eindämmen würden. Hinterher ist es fast unmöglich, eine Problemart wieder einzufangen. Wende dich besser an die Naturschutzbehörde oder Aquarien-Terrarienvereine in eurer Stadt und frage dort nach, wo du nicht mehr gewünschte Tiere hinbringen kannst.